Die große Enttäuschung – Die Tiefen des Laufsports

Immer wieder sieht man die Meldungen von neuen Rekorden, neuen persönlichen Bestleistungen und alles ist besser und schneller wie bisher. Doch warum kann das bei mir nicht klappen? Was kann ich noch machen damit ich mich steigere und mich auch über neue persönliche Bestzeiten freuen kann? Ja, der Laufsport ist einfach richtig hart und so richtig gemein. Da gibt man alles, trainiert auf ein gewisses Rennen Monate bzw. Wochenlang hin und dann kommt die Ernüchterung – es läuft nicht und bei weitem keine Bestleistung. Und genau so ist es mir an diesem Wochenende, dem 15. August 2021 ergangen. Aber mal zurück zum Anfang…

Eine neue Bestzeit sollte es werden

Wie bereits berichtet bin ich jetzt ca. 3 Jahre im Training. Begonnen hat meine „zweite Laufsportkarriere“ im Juli 2018 von komplett 0 weg. Ich musst mich so schön langsam hocharbeiten und die Erfolge kamen gerade am Anfang relativ schnell wie es eben meist so ist. Und das hätte man doch zu gerne immer so… oder etwa nicht? Natürlich möchte man ja für seine Trainingsumfänge, die ganzen Qualen und Heldentaten belohnt werden die man doch immer im Training erbringt.

Meine aktuelle Bestleistung über die 10 Kilometer liegen bei 39:33 Minuten, aufgestellt letztes Jahr im Rahmen der Tiroler Meisterschaften im Straßenlauf in Itter. Seither ist fast ein Jahr vergangen, ein zum großen Teil starkes Jahr mit vielen Trainingskilometer und oft guten Intervalleinheiten. Da ist es doch offensichtlich, dass beim bevorstehenden 10.000 Meter Wettkampf auf der Bahn über die 25 Runden eine neue Bestzeit aufgestellt werden muss. Ist doch fast sogar Pflicht…

Das Training kommt gut an

Leider relativ kurzfristig wurde ich aufmerksam, dass diese Veranstaltung, die 10.000 Meter im Rahmen der Tiroler Meisterschaften in Innsbruck stattfinden werden. Es sind noch gut 4,5 Wochen die zur direkten Vorbereitung bleiben. Da ich gerade ganz gut im Training bin entschließe ich mich dort teilzunehmen und auf eine neue Bestzeit anzulaufen.

Die erste Trainingswoche mit 86 Wochenkilometern bestand aus einem lockeren Dauerlauf mit 12 Kilometern in 5:38 Minuten pro Kilometer, einem lockeren Dauerlauf mit 16 Kilometern in einer Pace von 5:06 Minuten pro Kilometer, einem zügigen Dauerlauf mit 13 Kilometern in 4:43 Minuten pro Kilometer, einer Tempoeinheit mit 2x 4 km in 4:00 pro Kilometer, sowie einem langen Lauf, 26 Kilometer in 4:31 Minuten pro Kilometer. Zusätzlich kamen noch Ein- & Auslaufen sowie Lauf ABC hinzu.

Trainingswoche Nummer 2 startete mit einem lockeren 5 Kilometer Dauerlauf in der Mittagspause, am selben Tag standen noch 17×400 m in 1:22 Minuten im Schnitt am Programm, ein Dauerlauf über 12 Kilometer in 5:00 / km, ein weiterer Dauerlauf mit 7 Kilometern in 5:02 / km, 3 x 3.000 m Tempoeinheit in 3:50 im Schnitt, ein Dauerlauf über 11 Kilometer in 5:01 / km sowie einem langen Lauf über 27 km in 4:46 / km. Ergibt gesamt 92 Wochenkilometer.

In der dritten Trainingswoche standen wieder mehrere lockere Dauerläufe, eine Intervalleinheit als Treppe bestehend aus 2 Kilometer / 1 Kilometer / 800 m / 400 m / 200 m / 200 m / 400 m / 800 m / 1 Kilometer / 2 Kilometer, und weiteren lockere Einheiten was insgesamt dann 82 Wochenkilometer ergab am Programm.

Die direkte Wettkampfwoche war eine sogenannte Taperingwoche in der ich die Wochenkilometer runterschraubte um topfit an den Start gehen zu können. Es galt noch 2 Erhaltungsintervalleinheiten und lockere Dauerläufe zu absolvieren. 5x 1.500 m in Wettkampfpace (geplant waren 3:45 min / Kilometer gewesen) und 4 Tage vor dem Wettkampf 4 x 1.000 m in Renntempo. Natürlich hatte ich am Freitag noch einen Ruhetag eingebaut und am Samstag einen 7 Kilometerlauf im lockeren Tempo, 5:15 pro Kilometer gelaufen. Und dann konnte der Wettkampf kommen und ich war super zufrieden mit den vergangen Wettkampf-Vorbereitungswochen.

Wer genauere Details zu meinen Trainings einstehen möchte kann mir gerne auf meinem Strava-Profil folgen – freue mich über eure Unterstützung ☺

Nach dem abgeschlossenen lockeren Dauerlauf am Samstag Vormittag hatte ich mir einen angenehmen Tag mit einer Geburtstagsparty bei einer Freundin vorgenommen und am Abend einfach erholen und viel schlafen um am Sonntag Früh dann voller Energie am Start zu stehen. Noch ein wenig mit der Blackroll die Füße rollen und ab ins Bett – und das schon um 22:00 Uhr… eine perfekte Vorbereitung und dann kommt doch alles anders als geplant.

Raceday - Tag der Entscheidung

Am Sonntag früh klingelte der Wecker bereits um 6:15 Uhr. Ich stand auf, ging unter die Dusche und dann ab zum Frühstück. Es gab Weißbrot, also Semmel mit Honig und Marmelade, dann wurde die Wettkampftasche gepackt und es ging ab zum Wettkampf. Dort angekommen alles super, nur doch schon sehr heiß für einen 10.000er, aber das war halt mal so. Es wurde sogar Wasser auf der Tartanbahn aufgestellt um sich abzukühlen bzw. etwas trinken zu können.

Start war dann um 10:30 Uhr wie geplant. Die Damen und Herren starteten gemeinsam wobei es ein kleines sehr überschaubares Starterfeld mit gerade mal 15 Startern war. Ich wusste bereits davor, dass fast alle sehr viel schneller laufen können als ich, jedoch ging es mir ja sowieso nur um eine für mich gute Zeit. Ziel war es von Anfang an nicht zu schnell anzugehen und ein konstantes Tempo zu laufen. Und das ist mir super gelungen. Direkt nach dem Start ging ich die ersten 400 Meter bei 1:28 Minuten durch… ein ganz klein wenig zu schnell aber perfekt in der Zeit. Die ersten 1.000 Meter in 3:45 min / km, perfekt, fühlt sich super an. Auch die nächsten 2.000 Meter waren noch im Plan… doch dann plötzlich, Seitenstechen. Von ca. Kilometer 4 weg schleppte ich mich dann Runde um Runde und wurde konstant langsamer.

Aufgeben oder doch durchbeißen?

Im Kopf war ich dann schon fast soweit das ich mir selbst sagte… Patrick! Wofür tust du dir das an? Steig doch besser aus und lass es sein wenn es nicht mehr geht. Diese innere Stimme die mich zum Aufgeben zwingen wollte und dann wird man noch dazu von der ersten Dame überholt und hinter einem läuft so gut wie keiner mehr. Man wird von den ersten schon das zweite Mal überrundet… so macht das doch so richtig Spaß. Man „quält“ sich durch sehr harte Einheiten, geht an seine Grenzen und darüber hinaus, macht viele Dauerläufe, steht an den Wochenenden früh auf, unter der Woche spät abends zu Training und dann wird man mit so einer Enttäuschung belohnt. Doch aufgeben war wirklich die allerletzte Option für mich und das wollte ich auf keinen Fall.

Bei Kilometer 7,5 hatte ich mich dann wieder ein wenig gefangen und zumindest das Seitenstechen war wieder weg. Doch die Hitze war enorm mit gut 27 Grad und purer Sonne und noch dazu Kilometerzeiten von über 4:10 Minuten pro Kilometer trugen nicht gerade positiv bei um nochmals neuen Schwung zu bekommen. Mit letzter Kraft hab ich mich dann Runde für Runde über die Tartanbahn geschleppt und bin mit einer Zeit von 40:36,01 durch das Ziel gelaufen – was für eine ENTTÄUSCHUNG!

Enttäuschungen die einen runterziehen!

Ich kann euch gar nicht beschreiben wie deprimiert ich war… alles so perfekt vorbereitet, alles ist so gut gelaufen, die Bedingungen zwar nicht ganz optimal durch die Hitze aber das sollte mich eigentlich nicht aufhalten, Beine gut, Verfassung gut, mental alles gut und dann kommt es einfach ganz anders wie man erwartet hat und was man sich vorgenommen hat. Doch leider gehört die Enttäuschung beim Sport mit dazu. Und gerade beim Laufen ist das knallhart – damit muss man lernen umzugehen und auch ich muss das noch lernen. Die mentale Stärke entscheidet neben dem Training über so vieles!

Daher werde ich jetzt alles Revue passieren lassen und analysieren woran es gelegen hat. War mein Körper überfordert? Hab ich mir zu viel vorgenommen? Oder war ich für so ein Tempo noch nicht bereit? War das Training doch nicht optimal? All diese Fragen gilt es zu klären und stärker im nächsten Rennen zurück zu kommen und auf keinen Fall den Kopf hängen zu lassen.

Bereits diesem Freitag am 20. August 2021 hab ich eine Leistungsdiagnostik die inkl. einer kompletten Körperanalyse zuerst am Ergometer und eine Woche später dann am Laufband gemacht wird. Danach kann ich weiter Schlüsse ziehen für das zukünftige Training und wie es weitergeht – ich werde auch am Laufenden halten.

Kleine Empfehlung noch zum Schluss:

Da neben dem richtigen Training auch die richtige Einstellung im Kopf über die Leistungsfähigkeit entscheidet möchte ich euch das Buch* „Mentaltraining für Läufer“ von Michele Ufer empfehlen. Hier geht es um die mentale Einstellung, Techniken und Tipps zur Leistungsverbesserung durch verschiedene Coachingmethoden. Eine absolute Empfehlung für jeden Läufer.

Leider kann es nicht immer nur Erfolge geben. Oder vielleicht anders gesagt - es ist wichtig Rückschläge zu haben. Nur dadurch wird man besser, lernt dazu und ist bereits immer mehr zu geben.

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